Freitag, 20. August 2010

Versöhnung

Gestern abend habe ich mich mit Deutschland versöhnt. Wegen einem Sternenhimmel. Aber der Reihe nach.
Freitag Nachmittag habe ich meine Reise nach Stockholm angetreten. Der Zug sollte 14:45 fahren. Die Verspätung wurde immer weiter nach hinten geschoben und schließlich kam er dann 16:25. wer daran Schuld ist haben sie nicht verraten. Der Zug kommt ja aus Narvik, also könnten es die Norweger gewesen sein. Allerdings fährt er durch Kiruna und da die Stadt verschoben wird, sind da Bauarbeiten und es könnten auch die Schweden selbst Schuld sein. Für mich alles kein Problem, ich habe mich in mein Buch vertieft (endlich der Wallander Krimi) und zwischendurch ein Ben&Jerrys Eis gegessen. Außerdem war die Verspätung so perfekt getimet das ich in Boden nur 15 min warten musste anstatt 2 h. Allerdings mussten andere Reisende 2 h auf den nächsten Nachtzug warten. Für die gab es dafür Kaffee und Smörgås im Bahnhofscafe. Der Nachtzug hatte dann auch etwas Verspätung, hat die aber im Laufe der Nacht wieder reingeholt, sodass ich schon 7:15 Uhr in Stockholm war, anstatt 7:45 Uhr. Dort habe ich erstmal den Zeltplatz meines Vertrauens aufgesucht und das Zelt aufgestellt. Dann bin ich losgezogen in die Stadt. Ich wurde von einer unglaublichen Hitze überrascht. In Lappland war ja schon fast Herbst geworden, jedenfalls in meinem Kopf, aber die Hauptstadt hat geglüht an diesem Tag. Ich konnte bei Nordiska Kompaniet eine Kartusche zurückgeben, die ich nicht gebraucht habe und meinen Stadtbummel beginnen. Zum Mittagessen habe ich mir in der TacoBar einen Taco Tallrik gegönnt. Hmmm. Auf der Platte und in der Innenstadt war Stockholms Kulturfestival. Da habe ich eine Weile gesessen und ein paar Dänen/Skånern zugesehen, die Artistik/Akrobatik und Musik vorgeführt haben. Thema war: "Sollte Skåne zu Dänemark oder zu Schweden gehören?
Ich habe noch ein paar Lebensmittel und Mitbringsel eingekauft. Im Coop Konsum in Slussen steht das Norrlands Guld (typisches Bier aus Lappland) 0,5% direkt neben dem Störtebecker alkoholfrei. Am Zeltplatz angekommen hatte ich Hunger war aber zu erschöpft um zu Kochen oder irgendwas zu machen, also habe ich mich 20Uhr ins Bett gelegt.
Am Sonntag bin ich zeitig erwacht, es gab Müsli mit Milch zum Frühstück und dann bin ich zum Bahnhof gefahren. Dort fuhr 9:56 Uhr der Zug nach Strängnäs, einmal um den Mälaren drumrum. Von dort war Schienenersatzverkehr nach Läggästa und dann nochmal ein Bus nach Mariefred. Der Schienenersatzverkehrbus wurde von einer jungen Frau gefahren, die eine Durchsage gemacht hat, das Allergiker oben sitzen müssen, weil sie ihren Hund dabei hat. Der ist nämlich krank und der Tierarzt hat gesagt sie darf ihn nicht alleine lassen, also musste er mit ihr auf Arbeit.
In Mariefred habe ich mir Schloss Gripsholm angeguckt. Das hatte ich schon seit Ewigkeiten vor, aber die haben immer nur im Sommer in der Touristensaison offen und deshalb hat das noch nie geklappt. Ich habe mir richtig viel Zeit genommen und mir sogar ein kleines Buch geleistet, in dem ich dann zu jedem Raum nachlesen konnte, was ich sehe. Als ich da wieder rauskam, hat auch die Sonne wieder geschienen, so wie der schwedische Wetterdienst das prognostiziert hatte. Da konnte ich noch etwas durch den Park spazieren und durch den Ort Mariefred. Der ist unheimlich hübsch/klein/niedlich. Auf jeden Fall selbst auch schon eine Reise wert. Dann habe ich noch 1h in der Sonne an der Museumseisenbahn gesessen und gelesen. 16:58 begann die Rückreise mit der Bahn nach Läggästa. Von dort Schienenersatzverkehr (die selbe Frau) bis nach Södertälje Syd. Diesmal anders rum um den Mälaren. Und dann noch Schnellzug nach Stockholm. 20 Uhr war ich wieder auf dem Zeltplatz und der Rotelbus den ich in Mariefred gesehen hatte war schon da. Ich war wieder zu schlapp und Müde zum Kochen und bin ins Zelt gekrochen.
Montag bin ich wieder so zeitig erwacht, was eventuell auch an meinen Rotel-Nachbarn lag, die schon 6:30 gefrühstückt haben. Ich habe zwar gebummelt, war aber trotzdem schon 9:30 in der Stadt, also bin ich erstmal an meinen Lieblingspunkt in Södermalm gegangen. Dort habe ich eine halbe Stunde gesessen und mir einfach nur meine Lieblingsstadt angeguckt. Die Sonne hat geschienen und die Welt war wieder in Ordnung.
Dann bin ich durch die Stadt gebummelt. Total mutig habe ich mich auf der Touristenmeile durch die Gamla Stan gewagt und es hat sich ausgezahlt. Die haben doch tatsächlich eine Ben&Jerrys Eisdiele! da werden die Waffeln selbstgemacht und dann kann man das ganze Eis in Kugeln kaufen. Ich liebe Stockholm! Das war lecker. Obwohl Strawberry Cheesecake nicht meine Lieblingssorte Chocolate Fudge Brownie ablösen kann.
Weiter gings bis zum Östermalmstorg, wo es im Supermarkt die Wedding Chocolate gesenkt geben sollte. Gab es auch, aber nur die langweilige. Dann habe ich noch ein bisschen die Buchläden durchstöbert, musste aber am Ende leider auf noch mehr Bücher verzichten, weil ich das Geld für die neuen Wallander Filme auf DVD ausgegeben hatte. Diesmal bin ich zeitig zum Zeltplatz zurück gefahren und haben Nudeln gekocht. Insgesamt habe ich 250g mit Ketchup verdrückt und dann noch eine Tafel KEX. (Vorher gab es erstmals eine Schmerztablette, weil tatsächlich der Rücken nicht mehr mitspielen wollte.) Danach war ich einigermaßen gesättigt. Den Rest des abends habe ich gelesen und die Rotelleute beobachtet. Ich konnte doch tatsächlich draußen sitzen ohne von Mücken genervt zu werden. Und die wenigen die sich zu mir verirrt hatten, habe ich mit meiner Erfahrung als Serienmörder geschickt umgelegt.
Am Dienstag war ich 6Uhr wach. Habe eine Schmerztablette eingeworfen und mich wieder ins Bett verzogen. Irgendwann musste ich doch aufstehen, weil ich nicht mehr liegen konnte. Als ich mit dem Frühstück fertig war, es gab diesmal Filmjölk zum Müsli, begann es von oben zu tropfen und ich bin doch wieder ins Zelt gekrochen. Dann habe ich den ganzen Vormittag gelesen. Der Wallander Krimi ist sehr spannend, kann ich nur empfehlen (den gibts sicher auch auf Deutsch ;-)). Halb 12 habe ich nochmal Nudeln gekocht und den Rest der Packung aufgegessen. Dann das Zelt zusammengepackt (es hat nicht mehr geregnet) und den Zeltplatz 13Uhr verlassen. Im Pressbyrå am Bahnhof habe ich meine letzten Kronen für eine Banane ausgegeben - 7kr. Nun ist nur noch eine übrig.
Am Flughafen war mein Rucksack zu schwer. 24kg. Ich sollte 40€ bezahlen, oder was auspacken. Ich habe schnell das Zelt abgemacht und lieb geguckt. Es hat geklappt, obwohl das Zelt alleine weniger als 2kg wiegt. Nun hatte ich mehr Handgepäck, als aufgegebenes. Bei der Sicherheitskontrolle, musste ich diesmal die Wanderschuhe ausziehen (die mir übrigens nach der Arbeit und den vielen neuen Blasen die ich mir gelaufen hatte super bequem vor kamen). Außerdem haben sie entdeckt das ich versucht habe Ketchup zu schmuggeln. Um den zu finden haben sie meinen ganzen Koffer durchwühlt. Ich habe dann eine Weile gebraucht um alles wieder einzupacken und mich wieder vollständig anzuziehen, da mussten sie sogar die Schlange hinter mir schließen. Selber Schuld. Beim Warten konnte ich wieder lesen. Außerdem habe ich neidisch dem Mädchen mir gegenüber zugeguckt, die scheinbar echtes Vollkornbrot gegessen hat. Da habe ich gleich eine SMS nach Hause geschickt, dass ich mir nichts sehnlicher wünsche als Vollkornbrot und das ich bitte gleich zum Frühstück welches essen möchte.
Das Flugzeug flog 16:45 ab und während dem Flug kam es mir das erste Mal komisch vor. Das Essen sollte 4,80€ kosten. Was sind denn 4,80€? Wieviele Kronen sind das? In Berlin war ich dann völlig verwirrt. Ich hab mich so gefühlt, wie das vermutlich normal ist, wenn man ein anderes Land bereist. Auf einmal sprechen alle Leute eine andere Sprache. Sehr eigenartig. Und dann war auch noch ganz hässliches Wetter in Berlin.
Da saß ich dann von 18:35 bis 21:10 rum. Dann sollte ich mit dem Berlin Linienbus nach Dresden fahren. Die Herren wollten 1€ pro Gepäckstück von mir haben, 2 Stück hatte ich. Woher soll ich denn sowas wissen? Und dann waren die auch noch super unfreundlich. Die wollten mich da echt stehen lassen, weil ich keine Euros besaß und weil sie keine Kreditkarte nehmen. 1Krone hätte ich ihnen geben können. Warum kann ich in Deutschland nicht im Bus mit der Kreditkarte bezahlen? Ein Mädchen hat mir 2€ geschenkt. Meine Retterin in der Not! Ich habs gerade so geschafft, saß dann im Bus und war unzufrieden mit Deutschland und der Unhöflichkeit der Menschen. Außerdem habe ich die Zeit damit verbracht auszurechnen wieviel Kronen nun 4,80€ sind. Ich habs rausgefunden. Langsam hat die Verwirrung nachgelassen.
In Dresden war dann wenigstens mein Zug schon da und nach der Bummeltour mit der Deutschen Bahn war ich 0:36 endlich in Bautzen und konnte ins Bett kriechen.
Nun hatte ich zwei Tage um mich einzugewöhnen. Gestern abend waren wir in Schmochtitz beim Giora Feidman Konzert. Das war hinreißend, aber was mich zum Schluss am meisten beeindruckt hat war der Sternenhimmel. Sowas habe ich einen Monat nicht mehr gesehen. Man lernt etwas immer erst dann zu schätzen, wenn man es eine Weile nicht hatte. So viele Sterne! hatte der Himmel schon immer so viele Sterne? Ich konnte mich garnicht satt sehen. Tolle Sache. Und so kam es das ich mich mit Deutschland wieder versöhnt habe. Es schläft sich besser wenn es nachts dunkel ist.
Heute habe ich das Zelt im Garten aufgebaut. Es musste sauber gemacht werden. Die ganzen Mückenleichen raus. Nun ist es wieder ein Zelt und kein Friedhof.

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